Ostermarsch
Rede von Wiltrud Rösch-Metzler
Vorsitzende von pax christi Rottenburg-Stuttgart, zum Ostermarsch in Stuttgart am Karsamstag, 3.04.2021, 13:30 Uhr, auf dem Karlsplatz:
Liebe Ostermarschiererinnen und Ostermarschierer,
danke für euer Kommen.
Manchmal fühlen wir uns alleingelassen mit unseren
friedenspolitischen Forderungen. Wer wird sie aufgreifen und umsetzen? Wem
können wir vertrauen?
Im Wahljahr 2021 blicken wir besonders auf die Parteien.
Nach mir wird ein Linken-Politiker, Tobias Pflüger, reden. Eine andere Partei
kam hier schon lange nicht mehr zu Wort. Denn wir sind enttäuscht, empört
darüber, dass es immer noch Atombomben in Deutschland gibt, immer noch
Rüstungsexporte, immer noch Auslandseinsätze der Bundeswehr und nun auch noch
wieder aufgerüstet wird. Wo sind die Friedenskräfte in den Parteien?
In der SPD setzt sich das Forum Demokratische Linke dafür ein, dass in Deutschland abgerüstet wird und die Rüstungshaushalte in der EU auf ein Prozent reduziert werden. Mehr Geld soll es für zivile Krisenbewältigung wie die OSZE geben sowie für Organisationen, die in Konfliktgebieten Zivilist*innen unbewaffnet vor Angriffen schützen. Die SPD-Gruppierung will eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa. Sie lehnt die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr kategorisch ab und war damit erfolgreich. Die SPD hat bislang verhindert, dass Waffen für Drohnen angeschafft wurden. Das Forum will auch juristisch dagegen vorgehen, dass US-Militär-Stützpunkte in Deutschland, etwa Ramstein für völkerrechtswidrige Drohneneinsätze der USA genutzt werden.
Innerhalb der Grünen nimmt die Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden Einfluss auf Positionen. Schaut man sich jedoch den Entwurf zum Wahlprogramm der Grünen an, findet man dort nur die dürre Aussage, Deutschland soll dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft sucht also Unterstützung, um die Grünen wieder zu einer Friedens-Partei zu machen. Im Aufruf zum Ostermarsch in Stuttgart finden sie unsere Forderungen.
Vermutlich gibt es in jeder Partei Menschen, die in Militäreinsätzen keine Lösung sehen und bereit wären, für Abrüstung einzutreten. Sie aufzusuchen ist wichtig, wenn wir mit unserer Friedens-Botschaft wieder ins Zentrum der Gesellschaft treten möchten. Die Alternative, sich in einer kleinen linken Partei zu engagieren, entbindet einen nicht von der Suche nach Bündnispartner:_innen. Eine Politik mit den Armen weltweit und für künftige Generationen, braucht unsere Solidarität. Wir sind sie unseren Mitmenschen schuldig, den fernen und den nahen, mit denen wir eine Menschheitsfamilie bilden. Jeder Krieg zerstört das Projekt der Geschwisterlichkeit, sagt Franziskus. Er appelliert, Zitat: „Achten wir auf die Wahrheit der Gewaltopfer, hören wir ihre Berichte…Dann können wir den Abgrund des Bösen im Innersten des Krieges sehen, und es wird uns nicht stören als naiv betrachtet zu werden, weil wir uns für den Frieden entschieden haben.“ – Zitat Ende
Statt weniger, gibt es wieder mehr Kriege auf der Welt, 21 hat das Heidelberger Institut für Konfliktforschung im vergangenen Jahr gezählt. Können wir auf die Gewerkschaften und Kirchen vertrauen, dass sie sich gegen Krieg und Unterdrückung stellen?
Wir haben vorher einen überzeugenden Beitrag des Gewerkschafters Martin Gross gehört. Auch in den Kirchen gibt es Ansätze. In der evangelischen Kirche breitet sich erfreulicherweise das Szenario „Sicherheit neu denken“ aus. Danach besteht eine zivile Sicherheitspolitik aus fünf Säulen: aus gerechten Außenbeziehungen, einer nachhaltigen Entwicklung der EU-Anrainerstaaten, der Teilhabe an der internationalen kollektiven Sicherheitsarchitektur, aus resilienter Demokratie sowie der Konversion von Bundeswehr und Rüstungsindustrie. Noch haben diese Gedanken keinen Eingang in die offiziellen Verlautbarungen der evangelischen Kirche gefunden, aber der Druck der Basis ist groß. In der katholischen Kirche fordern Bischöfe den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag. Auch dort ist es noch nicht so, dass die Bischofskonferenz insgesamt dafür eintritt. Auch hier muss die friedensbewegte Basis weiterkämpfen.
Parallel zu uns findet eine Demo statt von Menschen, die mit Maßnahmen gegen Corona nicht einverstanden sind. Wer in Kurzarbeit ist, wessen Selbständigkeit gefährdet ist, wer Angst vor der Zukunft hat, wer um die Grundrechte fürchtet oder um die Gesundheit der Kinder, um nur einige der Motive zu nennen, hat ein Recht zu protestieren. Wer sich dabei aber von Rechten anleiten lässt, von Menschen, Ideen und Organisationen die die gleiche Menschenwürde aller ablehnen, muss umkehren. Wer die Ängste der Menschen in Wut auf andere Menschen und Gruppen umleitet, versündigt sich an unserer Gesellschaft, schafft Spaltung statt Versöhnung. Entschieden treten wir Rechten entgegen.
Haben wir Vertrauen in uns, in unser eigenes Urteilsvermögen, in unsere Mitmenschen, in die engagierten Menschen in der Corona-Zeit, die sich um andere kümmern. Es fällt nicht leicht, mit der Corona-Zeit zurecht zu kommen. Manchen fällt es schwer sich um die eigenen Belange zu kümmern und noch schwerer, sich darüber hinaus zu engagieren. Beruhigend, dass die Spendenbereitschaft in Deutschland gewachsen ist, motivierend, dass eine junge Generation heranwächst, die auf das Überleben der Menschheit dringt und wir gemeinsam fordern können: Abrüsten! Für den Frieden, für das Klima, für die Menschen! Ich wünsche euch und euren Lieben ein gesegnetes Osterfriedensfest!
Überblick zu den Ostermärschen der vergangenen Jahre:
2021
- "Abrüsten für den Frieden, für das Klima, für die Menschen!" - Stuttgarter Ostermarsch am Karsamstag, 5.04.2021
2020
- "Brücken bauen für den Frieden statt Manöver für den Krieg" - Ostermarsch in Stuttgart am Karsamstag, 11.04.2020; coronabedingt fand der Ostermarsch 2020 ausschließlich digital statt, hier finden Sie einen Rückblick des Netzwerk Friedenskooperative zu den Ostermärschen 2020
2019
"Abrüsten statt aufrüsten! Für eine friedliche und solidarische Welt – ohne Militär, Rüstungsindustrie und Abschiebungen!" - Zentraler landesweiter Ostermarsch für Baden-Württemberg am Karsamstag, 20.04.2019
"Von der Rüstungsregion zur Friedensregion" - Internationale Bodensee Friedensweg am Ostermontag, 22.04.2019
2018
- "Frieden braucht Bewegung. Gegen Aufrüstung, Krieg und atomares Wettrüsten." - Ostermarsch in Stuttgart am 31.03.2018
- "Geld. Macht. Krieg. - Dialog. Macht. Frieden." - Internationaler Bodensee-Friedensweg am 2.04.2018